Vorgeschichten

Ich war 1980 nicht freiwillig, nur ordentlich aus dem Forschungsstudium an der Sektion Marxistisch-leninistische Philosophie/Wissenschaftlicher Kommunismus (Lehrstuhlbereich Historischer Materialismus) der Karl-Marx-Universität Leipzig und damit "aus der Wissenschaft" ausgeschieden.Nach 1 1/4 Jahr als Befristeter Assistent und Philosophie-Lehrer an der Theaterhochschule "Hans Otto" um so unordentlicher "aus der Lehre", mitten im Studienjahr... Kurz vor dem Gefeuert Werden wegen Gorbatschowismus, der damals noch "polnische Zustände", "Solidarnoscz-Sympathisant" usw. hieß...Weil gerade ein Freund von mir seine Stelle an der Akademie der Künste in Richtung Freier Musiker-Markt verließ, kam ich dort unter: glücklich, sogar mit der Zusammenarbeit mit Freunden beschäftigt. Den Ärger nahm ich mit, auch wenn er dort vielen bekannter und eigener war, und mit der Zeit wurde er erst fast allgemein üblich und nach der Wahl Gorbatschows zum KPdSU-Chef zum Trend. Während ich eigentlich schlauer, selbstbewußter und frecher wurde, konnte ich also vom ewigen Entlassungskandidaten zum Anwärter auf den Status des Entwicklungskaders werden. Da hätte sich eine weitere Qualifizierung nicht schlecht gemacht, und ein bißchen langweilig war mir auch geworden...

Geschichten

So brachte ich dann meine Perspektive, meinen Eigensinn, meine literarische Arbeit und mein Interesse für die revolutionäre Bewegung in Lateinamerika in ein Forschungsprojekt, daß ich meinem ersten Doktorvater, Professor Dr. Dieter Uhlig, für eine B-Aspirantur vorschlug.Der gedankliche Ansatz, den Zusammenhängen von Religion, Kunst und Philosophie als gleichberechtigten, zusammenhängenden zund sich in vielem überschneidenden Widerspiegelungsformen nachzuspüren, paßte in das neue Profil des Lehrstuhlbereichs - ebenso wie meine politischen Auffassungen.Von 1986 bis 1989 war ich also wieder öfter in Leipzig. Ich war verwundert, um wieviel vorsichtiger (als wir in Berlin und erst recht in der Akademie der Künste) die Kollegen an der Uni waren...Bis 1988 änderte sich das freilich. Bestimmt nicht nur wegen meiner Mitwirkung. ;-) Geradezu DDR-legendär: soviele Leipziger "Philosophen" (Studenten wie Wissenschaftler) protestierten gegen das "Sputnik"-Verbot und verweigerten anschließend die Selbstkritik, daß das Politbüro die Auflösung der Sektion Marxistisch-Leninistische Philosophie erwog.

Histerie

Im Januar 1989 war die Dissertationsschrift fertig.Im Frühjahr 1989 kriegte ich die Nachricht, die Universitätszeitung könne meinen Artikel über Peter Weiss nicht veröffentlichen - wegen meines Gorbatschowismus.Im August 1989 teilte mir die Fakultät mit, die Arbeit könne nicht zur Verteidigung angenommen werden - wegen fehlender Veröffentlichungen. Zusammen mit dem Betreuer ging ich in Widerspruch. Ausgehend von den Forschungs-Ergebnissen müßten ja meine Gedichte und Artikel als dazu gehörige Veröffentlichungen angesehen werden. Im Oktober/November 1989 lösten wir dann doch lieber das Politbüro auf.

Im Frühjahr 1990 teilte mir die (noch immer gleich beamtete) Fakultät mit, wegen weltanschaulicher Einseitigkeit könne die Arbeit nicht zur Veröffentlichung zugelassen werden. Naja, da war schon Kurt Biedenkopf Professor in Leipzig. Und der Logik-Prof aus meinem erste Studienjahr (Spezialität: die wunderbare Logik im"Kapital") schlug vor, die Universität von Karl Marx weg zu benennen. Er ging nicht gleich bis zur Adoption von Leibnitz (nicht den mit den Keksen, sondern den mit DIESER WELT ALS DER BESTEN ALLER MÖGLICHEN). Eigentlich schade.

Warum das hier steht