Zwischensumme

Was in seinen Memoiren fehlt oder nicht stimmt, weiß ich manchmal nicht und möchte ich vor allem gar nicht wissen. Es dürfte eine Menge sein, allein seinen Umständen geschuldet, und gegenwärtig merke ich ja selbst, was für eine mächtige Zensurbehörde die Erinnerung ist. Trotzdem habe ich die Ehrenburg-Memoiren gern gelesen, und ab und zu mache ich das noch immer gern. Egal, wie sehr man ihm im Einzelnen glaubt, gab es doch kaum eine Berühmtheit seiner Zeit, die er nicht kannte, und zwei Mal wurde er  sogar von Stalin angerufen.

In dieser Beziehung ist mein Buch fast das Gegenteil: detaillierte Auskunft darüber, mit welchen Größen des Geistes und der Macht ich mir die paar Quadratkilometer Ostdeutschland und die knapp werdende Atemluft um die Jahrtausendwende teilte, ohne sie jemals gesehen oder gar gesprochen zu haben. Und wenn ich einmal jemanden gesehen oder gesprochen habe, den Dichter Volker Braun oder den Schriftsteller-Präsidenten Hermann Kant etwa, dann stutzen unsere Zwischenzeit und der Ruhm von Olli Kahn deren Größe.

Dabei habe ich mit Hermann Kant sogar gestritten, als ich noch nicht einmal wusste, ob ich nicht vielleicht doch Schriftstellerin werden wollte und auf seine literarische oder politische Fürsprache angewiesen sein würde. Es war natürlich keine weltbewegende Sache, wie ja nichts weltbewegend war, was im Erholungs- und Schulungsheim des Schriftstellerverbands am Scharmützel-
See geredet wurde. Ich forderte Kant nicht auf, was ja seine Kompetenz überstiegen hätte, das Brandenburger Tor zu öffnen, und ich verlangte von ihm nicht einmal, mir Gedankenfreiheit zu geben. Das stand schon, und lächerlich genug, in Schillers „Don Carlos“. Ich erklärte ihm nur, an Beispielen, die er wahrscheinlich besser kannte als ich, was er wahrscheinlich ohnehin wusste: wir durften den Verlagen und ihrer Hauptverwaltung einfach kein Urteilsrecht über die Qualität unserer Gedichte und Geschichten zugestehen… Eine Banalität, gewiss. Nur: wovon sonst hätte ich reden sollen, als das unser Thema war? Und wenn der ganze Staat wirklich und allein an der von ihm verteidigten Praxis abgehangen hätte: hätte ich diese literarische Grundtatsache leugnen sollen? Ich war da auch gerade erst die unbedenklichen, forschen achtzehn Jahre alt geworden, was nicht zu ignorieren ist, einerseits. Andererseits: die Doktoren, Professoren und Pastoren, die in und nach der Wende von ihren Schreibtisch-, Lehr- und Beichtstühlen aufstanden, um der Volksmusik-Demokratie zum Sieg über die Bildungs-Diktatur zu verhelfen, als Bundestags- und Ministerpräsidenten, Oppositionsführer und Akten-Bevollmächtigte… Nie hätten sie diese Stühle unter ihre Ärsche geschoben bekommen, bei einem ähnlich losen Mundwerk wie meinem!

Frank drehte sich nur halb auf dem Stuhl um, um von den Notizen weg über die Schulter zu sehen.

„Was soll denn das für eine Leistung sein, von Stalin angerufen zu werden?“

Ich schnaubte wie das Siegesparaden-Ross von General Shukow. Ich hockte auf dem Bett und war gerade dabei, mir die Zehennägel zu lackieren, und selbstverständlich hoffte ich darauf, dass er nach der Kant-Sache fragte oder für seinen Parteichef kämpfte.

„So berühmt musst du erst mal werden“, maulte ich. „Ich meine: Es hilft nur, kein Telefon zu haben, um nicht von Gorbatschow angerufen und um einen Job angehauen zu werden. Aber Stalin…“

„Deine Vergleiche immer!“

„Ehrlich“, sagte ich. „Sogar wenn Gorbi mir zum Geburtstag gratuliert, fragt er jedes Mal, ob ich nicht jemanden kenne, der ihm…“

„Dann nimmt er dir das mit Tschernobyl also nicht mehr übel?“

Ehrlicherweise zuckte ich die Schultern, und das war für den Geschäftsführer einer so alten Partei natürlich viel zu viel Brust-Gymnastik. Frank stand auf und wechselte auf die Bettkante, und er wartete, bis ich den Pinsel in der Lackflasche hatte, bevor er nach mir fasste.

„Meine kunstbraune Wölfin… Nicht nur dich heiraten, mich richtig in dich verlieben möchte ich manchmal!“

„Hm, das klingt gut“, sagte ich und bewegte mich um seine Hand. „Aber du bist noch nicht weit genug im Manuskript, dass ich dir das wirklich glaube. Barbara ist zum Beispiel nicht irgendein altes Kuscheltier, und wir haben die Pilze ausprobiert, inzwischen, und das ist noch das Harmlosere.“

Nach diesem kurzen Gespräch knüpfte ich die Fäden der Erinnerung noch einmal neu.

Aus meinem besten Polarsommer führte eben auch jener andere Gedankenstrang, der zuerst in meinem eigenen Saft aufgekocht war. Nicht nur potenziell, sondern ganz real war ich eine Massenmörderin, und nicht die einschlagende Strahlung maßen die Geräte, sondern zählten meine Opfer. In Gummi verpackt und mit Blei gepanzert versuchten wir ritterlich, wenigstens Bilibino zu retten, aber auch als das geschafft war, entkam ich nicht mehr in die reine Theorie und saubere Technik. Nach der erfolgreichen Verteidigung bekam ich von meinem Doktorvater für eine Nacht eine geheime Studie zu den Folgen von Tschernobyl geliehen, und wollte ich dabei bleiben, sollte ich davon wissen. Menschen kamen nur als Zahlen vor, nach den Altern und Krankheiten geordnet, und unter den Fotos hatten Biologen interessante Wachstums-Phänomene der Pflanzen vermerkt.

Dadurch gewann ich zum ersten Mal Abstand zu meiner Arbeit, und ich füllte ihn mit allem, was sonst noch zu tun war. Manche Lehrer und die Eltern meiner Literaturkinder luden mich zu Feiern ein, für die immer etwas zu besorgen war, und ich konnte zu fotografieren beginnen, was wir täglich vor Augen hatten und keinem Europäer anders begreiflich machen konnten: die rostigen und dampfenden Schlangen der Fernwärme-Leitungen, die haushohen Goldwasch-Anlagen und die an den steinigen Strand gezogenen erlegten Wale und Walrosse, von Tschuktschen in Nylon-Anoraks umstanden. Rentiere als Pack- und Reittiere. Ich versuchte mich auch wieder an Gedichten und zum ersten Mal an Prosaischem, und ich wollte Konstantin nun auch an seine Frau zurückgeben, mit der sein drittes Kind haben konnte. Erst als die Tage wieder heller wurden, fehlte mir ab und zu ein Stück Fleisch im Bett…

Nein, damals dachte und redete ich noch nicht so. Fleisch war für uns das beinahe heilige Synonym für die Buletten, die sie uns am Kantinen-Schalter auf Kartoffelbrei, Reis oder Nudeln legten. Es war, was an den Hühnerflügeln in den klaren Suppen fehlte, und wenn wir in den wie leergefegten Geschäften ein Stück davon erstanden, taugte es meist auch nur zu brotlosen Wochenend-Buletten. Die Umstände des Tauschhandels oder der der Mehrpreis auf dem Bauernmarkt lohnten nur vor Familienfeiern oder Grillfesten, und selbst unter den gut verheirateten Kollegen im Kraftwerk wäre ich leichter zu zwei Zentnern Mann gekommen als im Umkreis von Hundert Kilometern zu zwei Pfund Bratenfleisch. Vor allem freilich hoffte ich in dieser Beziehung aber auf etwas mit breiten Schultern und einem großen Kopf, auf einen Konstantin für mich allein, einen neuen Einstein oder zweiten Brecht. Weniger schaffte ich mit dem eigenen Hirn und zwei gesunden Händen alle Mal, und an besonders hitzigen Tagen half mir eine kalte Dusche so gut, wie ich kälteren Wochen mit einem zusätzlichen Termin im Dojo durchstand.

Irgendwann musste außerdem die Schneewehe über dem Postschlitten wegtauen, und dann würde aus dem Innen- oder dem Verteidigungsministerium, aus dem Moskauer Institut oder dem restlichen Tschernobyl irgendeine Antwort auf meine Anträge und Bewerbungen ankommen. Darauf zu warten, war keine Strafe mehr, und es war unendlich mehr als eine Gewohnheit von Kindheit an. Das Warten Können war unsere Stärke.

Vom artigsten Kindergarten-Kind bis zum vom Herzschrittmacher getriebenen Polit-Büro-Greis warteten wir ja alle auf den Kommunismus, und wer stattdessen auf den Zusammenbruch seines sozialistischen Gerüstes wartete, war nur darum noch nicht außerhalb derselben Wartegemeinschaft. Einmal, und so oder so, würde die Erde neu sein, unter einem von meteorologischen Raketen wolkenlos erneuerten Himmel, und natürlich nahm ich nie an, dass an diesem Tag auch Lenin auferstehen würde. Aber die Ureinwohner Alaskas, die Neger Südafrikas und die australischen Hafenarbeiter würden Delegierte schicken, auf die Tribüne des Mausoleums, neben… Ja, da gab es doch ein Problem. Die Schönheit und Verschiedenheit des Erwarteten war so groß, dass die nach Chruschtschow führenden Genossen zwischen ihre Wiederwahlen und der Endstation wie auf einem guten Fahrplan doch noch ein paar Zwischenhaltestellen einführten. Während wir auf den Kommunismus warteten, konnten wir uns so auf den vollständigen und endgültigen Sieg des Sozialismus freuen, zuerst in der Sowjetunion und danach in einem eigenen Weltsystem. Eine entwickelte sozialistische Gesellschaft war nun zu erwarten, nach der vielleicht noch ein vervollkommneter, ein perfektionierter und ein fast idealer Sozialismus vorgesehen waren. Solche Feiertage brauchten wir, weil wir uns während des Wartens ja krumm legen und wund und alt arbeiten mussten, nicht unbedingt und nicht überall klaglos und singend, aber doch möglichst selbstlos und immer verlässlich.

Wahrscheinlich hatten Mielke und Honecker das Prinzip aus ihrer Christen-Lehre mitgenommen, denn die Wartezeit auf die Wiederkehr Jesu Christi hatten sich die damaligen Gläubigen mit Sklavenarbeit vertrieben, und eher ließen sie sich von römischen Circus-Löwen als von allzu menschlichen Zweifeln zernagen. Freilich war Jesus das Versprechen der allzu schnellen Auferstehung unterlaufen, und dessen Korrektur durch die Erfindung einer tausendjährigen Zwischenprüfung war nur in Zeiten mündlicher Überlieferung möglich gewesen und verbot sich besonders in Deutschland aus historischen Gründen.

Darum waren uns überschaubare, oberflächlich nachprüfbare und ganz privat abzuhakende Wartezeiten gesetzt: das Warten auf den Genossen Ersten Sekretär und auf die nächste Lieferung, auf einen Klempner- oder Zahnarzt-Termin, auf die Aktivistennadel mit Prämie und auf den Tag des Himmelblauen Trabants. Am Tag, an dem der Letzte von uns seinen Auto-Ersatz bekommen hätte, wäre das ganze System also auch zusammengebrochen: Im Wind des kollektiven Aufatmens und der einigen Bewegung des Umsehens nach dem „Was tun?“ Das war freilich nur eine theoretische Interpolation, und der interne Fehler waren wie bei den triumphierenden Christen die Ausnahmeregelungen, die goldenen Klunkern für die Uniformen und die Konkubinen der Bischöfe und der käufliche Ablass der begangenen und beabsichtigten Sünden, Wandlitz und der Intershop eben, und vor allem der Intershop. Papst Leo X. wollte mit dem Ausnahme-Geld den Bau des Petersdoms finanzieren, und Günter Mittag mit der D-Mark die Kreditwürdigkeit des Landes retten, aber genau damit stolperten sowohl der Katholizismus als auch der Kommunismus aus dem irdischen Traumreich ihrer Allmacht. Wem eine Oma in Oggersheim ein Pressspan-Häuschen, ein Papp-Auto oder eine strapazierfähige Jeans zukommen lassen konnte, das nächste Weihnachten schon, warum sollte der noch auf den Kommunismus warten? Das erwartete neue Reich, die neu bebaute Erde und der Himmel voller Charter-Flugzeuge, war ganz offenbar von dieser Welt und nur eine lächerliche Betonmauer weit entfernt.

Das war eine so profane Idee, dass sie die länger durchgeistigten Massen meiner Sowjetunion viel langsamer ergriff, auch weil die nette West-Oma der furchtbare Kriegsgegner gewesen war und mit den wirklich reichen Öl-Onkels im Süden wetteifern musste, und auch weil die so angestellten Milchmädchen-Rechnungen viel mehr auf dem Trockenen sitzenden Wodka-Trinkern plausibel scheinen mussten. Ich jedenfalls wartete noch in meiner Anderthalb-Zimmer-Neubauwohnung und in meiner unverzichtbaren und vergleichsweise gut bezahlten Arbeit, als mir wieder einmal passierte, was man dabei immer erwarten musste. In der noch arglos geöffneten Tür zeichnete sich der Schatten des Tschekisten ab, der unverbindlich um die Mithilfe bei der Klärung eines Sachverhalts bat.

Es war unser Betriebs-Hauptmann, und er erschien an einem scheußlich nasskalten Augusttag, an dem sogar das sibirische Fernsehen ausgefallen war.

„Ein Oberst, extra für Sie“, keuchte er, während er vor mir her ein pflichteifriges Schrittmaß vorgab. „Rechnen Sie mit allem und seien Sie vorsichtig, Tatjana Petrowna!“ An der Tür seines Büros blieb er so plötzlich stehen, dass ich ihn anrannte. „Drei Monate im Wald, falls Sie Ihren Schamanen trauen können… Dann schaffen Sie es mit einem alten Eskimo nach Alaska, vielleicht…“

Es war ein so verblüffender und so leiser Satz, dass er auch mein eigener Gedanke gewesen sein konnte, und ich trat in das Zimmer eines Gerichts. Die Schreibtischlampe zielte nicht auf meine Augen, sondern beschien die blanken Fäden der Schulterstücke und das auf den blätternden Fingern zitternde Papier.

„Sie sind also Bürgerin der Bundesrepublik Deutschland“, fragte der Oberst.

„Genau genommen hatte ich ja den Antrag gestellt…“

Der Hauptmann stieß mir den Ellenbogen in die Seite, und er hatte ein totenbleiches Gesicht.

„…und zumindest nicht freiwillig“, änderte ich meine Aussage erschrocken.

„Und Sie haben seinerzeit unterschrieben, über alles was mit der Katastrophe von Tschernobyl, Ihrem Studium und Ihrem Aufenthalt hier zusammenhängt, zu schweigen“, resümierte der Oberst ein weiteres Blatt und legte es um.

„Schon… Früher einmal“, sagte ich. „Aber inzwischen… Nun müsste ich das in Deutschland wohl an jede Zeitung verkaufen, um irgendwie Geld zu verdienen.“

Wieder misshandelte der Hauptmann meine Hüfte so schnell, dass es sein Vorgesetzter nicht bemerkte.

„Ach, was! Das ist jetzt auch egal“, sagte der Oberst und klappte den Ordner zu. „In Moskau läuft gerade ein Militärputsch, Genossin Zorn, und ich habe keine Lust, danach erschossen zu werden: weder für Ihre Schonung noch für Ihre Liquidierung. Je nach dem, wer gewinnt… Verstehen wir uns?“

„Aber ja“, antwortete der Hauptmann. „Und was wollen Sie unbedingt mitnehmen, Tatjana Petrowna?“

„Na, meine Bücher… Ein paar Andenken müsste ich kaufen, und… Kann ich denn nicht einfach für ein paar Tage in den Pilzen sein?“

„Also Beeilung, Genosse Hauptmann“, bestimmte der Oberst.

Wie mir die Beton-Arbeiter an der Startbahn nach pfiffen, musste ich den Kraftwerks-Kittel noch abgegeben haben, und bei einem Umsteigen trug mir ein Offizier meinen als Päckchen geschnürten Wolfspelz nach, aber ich verstand den inzwischen verschollenen Oberst auch noch nicht, als ich endlich zu einem Teeglas mit Wodka nickte: gegen das Klopfen in den Schläfen und den Lärm im Fallschirmjäger-Abteil des übernächsten Flugzeugs. Bei den späteren Einladungen nickte ich, weil meine Eskorte nach jedem Umsteigen wuchs und sich immer höhere Offiziere und immer dickere Funktionäre zu mir durch drängelten, um von mir Informationen über den Putsch zu erbetteln. Irgendwann sollte ich als KGB-Oberst verhaftet werden, und wohl im Lachen darüber begann ich, meinen Rausch auszuschlafen, wie mir das unsanfte Wecken nahe legte. Soldaten warfen erst meinen Mantel und dann mich aus der Maschine, in eine südlich schwarze und warme Nacht, und andere Soldaten stellten mich auf die Füße und begannen, so schnell wie ich konnte, neben mir auf ein großes Passagierflugzeug zuzulaufen.

Ein paar Schritte lang sah ich auf dem entfernten Abfertigungsgebäude eine halb defekte Leuchtschrift, aber ganz zu Ende war der absurde Film noch nicht. Auf der Gangway, zu der wir mussten, kreischte weit oben die Leiterin eines jämmerlichen Pionier-Chors, während unten ein kleiner dicklicher Opa und zwei jugendliche Mafiosi um das Handgepäck stritten.

„Nie kriegen Sie den“, verteidigte der Opa seinen Aktenkoffer. „Nur über meine Leiche!“

„Kein Problem“, sagte einer der Hünen, zog die linke Seite des Jacketts zur Hüfte und langte nach der Pistole im Schulterhalfter. „Gar kein Problem…“

„Opa“, sang der Pionierchor auf einem mehrfach gestrichenen C, und es klang ernsthaft ängstlich. „Sie bringen Opa um!“

Meine militärische Begleitung stand auch noch wie angewurzelt, als der Opa nach einem Stoß vor die Brust taumelte und den Aktenkoffer fallen ließ, und ich fand das gemein und wurde von unseren Positionen zugleich an die Kampf-Prüfung für den blauen Kyu erinnert. Also traf ich den Schläger mit einer Links-Rechts-Kombination an das Kinn und in die Magengrube, und aus dem Bücken nach dem Koffer setzte ich einen korrekten Tritt zum Hals des Pistoleros an. Ich riss fast den Ärmel aus seinem weißen Pullover, bevor der Großvater begriff und die Stufen hinauf stolperte. Die Chorleiterin warf die letzten Pioniere in das Dunkel der Tür, und sie fing noch mein über uns hinweg geworfenes Päckchen, bevor sie rücklings hinein gerissen wurde. Vier Hände streckten sich nach dem Opa aus, und das Flugzeug rollte bereits von der Gangway weg, als ich den Platz dafür hatte und angeschrien wurde, zu springen. Zwei Männer wuchteten die Tür zu, und zwei schleiften mich in die fast leere Erste Klasse und warfen mich dort in einen der Sessel.

„Genossin… Wenn ich jetzt meinen Koffer wieder haben könnte“, fragte der Opa, von der anderen Seite des Ganges her. „So hatte ich Sie jedenfalls verstanden…“

„Haben Sie da denn Dollars drin? Oder echte Staatsgeheimnisse?“ Ich reichte ihm den Koffer hinüber. „Sie sehen ja ein bisschen wie Gorbatschow aus…“

Der Opa lachte, erst angestrengt und kurz, dann etwas hysterisch.

„Aber wer bei dieser Sache in Moskau gewinnt, wissen Sie trotzdem nicht, nein?“

„Sie haben die Panzer nicht durchgelassen“, sagte er. „Sie sind einfach auf die Straße gegangen und haben die Panzer nicht durchgelassen, und die Panzer sind umgedreht… Und jetzt, wo ich die Abschuss-Codes für die Raketen wieder habe… Da denke ich doch, dass wir gewonnen haben…“

Ich war.

Die Verlobung
Levi´s
Das Nest
Frank. Und fast frei.
Star Trek
Grimms Märchen
Die deutsche Ideologie
Der invertierte Columbus
Wolf auf Pilzen
Zwischensumme

Ich bin.

Jeremias
Vorspiele
Galeeristin
Matka
Ehemals
Erkennen
Aphrodite
USP
Maßnahmen
Aspasia
Rückwege

Ich werde sein.

Silicon Plain
Das achte Kreuz
Aschermittwoch
Stockholm
Marketing
Sympathy for the Devil
Das Regionalwetter
Circenses
Frühstück mit Nazis
San Antonio de la Florida