Back on stage

Weil Dick und Doof ohne Zweifel keine Damen waren, hatte sie die Wirtin auch nach 21.00 Uhr noch unter ihr Dach gelassen, und ich schüttelte den Kopf überzeugend ehrlich. Auch Huren brauchten keine Gewerkschaft, die bei den Tarifverhandlungen versagte, und der DGB brauchte ebensowenig einen Gründungs-Sekretär, der alle in Jahren geworbenen Mitglieder in nur einer Nacht verlor. Für das Kölner Arbeitslosengeld war mir die Miete der Besenkammer zu teuer, und nach der letzten Miet-Erhöhung in Berlin war die wahrscheinlich noch freie Stelle bei Sir Alois ja ein Niedriglohn-Job: warum sollte ich da zwei muskelbepackten Evangelisten Stress machen? Der Herr des "Pranger II" wollte mich zum zweiten Mal am Pranger haben, und zweihundert Mark pro Nacht waren schon ein Grund, dem Herrn aller Verkehrsunfälle zu danken, zumindest in meiner Situation.

"Äh... Hast du auch richtig verstanden", fragte Dick und ließ die Augen rollen. "Dafür kriegst den Arsch aber nicht nur so voll..."

Ich zuckte lässig die Schultern, um nicht erklären zu müssen, daß ich das schon für deutlich weniger und ohne Prozente auf den Sekt und ohne Gelegenheit zu weiteren Verabredungen ausgehalten hatte. Daß ich dabei den Sklaven spielen und nun doch auf dem von Laila gezogenen Strich ankommen würde, war mir schon klar, aber auch bei den seltenen Telefonaten zwischen den noch selteneren Heimfahrten genügte der Zauberspruch ja: ich mußte fünf Kinder und sie ernähren.

 Wahrscheinlich dachten sie in der Garderobe an eine nun beendete verdeckte Polizei-Aktion, als sie mich ungefesselt herein kommen sahen, und meinerseits grinste ich verlegen und bekam rote Ohren und einen zu engen Slip. Die Farben der Pony-Girls, der Latex-Lesben und der Henkerin vom Firmenschild waren aus der Nähe gesehen zu kräftig, und die Frauen rochen auch nach der harten Arbeit, die wir von nun an gemeinsam machen würden, aber auch von Sir Alois nicht selten vorgeführt und ausgeliehen war ich nicht mehr Profi als eine nicht arbeitende Ehefrau. Ich hatte immer nur einzelnen Meistern mit konkreten Wünschen direkt Lust verschaffen müssen, immer nur in privaten Räumen, und nicht einmal in meinem Ausziehen war Routine. Als sich dann auch noch mein Bühnen-Partner in die Büchse Fleisch im eigenen Saft quetschte und mich am Halsband in die hinterste Ecke zog, raste mein Herz, direkt in der Kehle. Was mußt sich denn einer ausdenken, um Abend für Abend in eine Form zu kommen, die hundert Leuten genügte? Er war auch der Jüngere, und während ich bei Sir Alois die Wasserhähne poliert hatte, hatte er in einem Fitness-Studio die Muskelmasse zugelegt, mit der mir am Vortag den Rücken bearbeitet hatte und deren untere Portion er nur Millimeter von mir entfernt wuschen und locker massierte.

"Und", fragte er stolz und legte beide Hände aneinander unter das Teil. "Kriegst du das hin, ab morgen? Und kriege ich das dann rein?"

Ich stand auf, mich an seinen Muskelpaketen reibend, drehte ihm den Hintern zu und zog den String des Tanga beiseite. Er spreizte mit Zeige- und Mittelfinger meine Arschbacken auseinander.

"Okay... Und Wachs, Klammern: geht das auch klar?"

"Ich sehe nur wie sechzehn aus", sagte ich, nahm meine Zigaretten-Schachtel vom Rand des Waschbeckens und gab ihm und den Frauen eine Runde aus.

"Rasierter Schädel käme übrigens besser", sagte die Henkerin und schüttelte auch schon das Schaumspray. "Und daß sie dich Sonnabend so hart angefaßt haben, war eigentlich unnötig, ja?"

"Ach, das war was Politisches!"

Alle um mich herum johlten, und damit war ich schon fast in das Team aufgenommen. Außerdem gefiel ihnen wohl, daß ich als braver Azubi meinen Kopf ohne Umstände vor der stiefmütterlich strengen Lederfrau beugte und beim Streicheln der frischen Glatze ihren Umzieh-Sprüchen interessiert zuhörte. Zum Beispiel mußte ich durchholen, daß Verabredungen nach dem Drink zwar meine Privatsache waren, aber zustande kommen mußten, um das Image des Hauses zu fördern. Wenn im Publikum feiernde Frauen saßen, wurde von Frank & Sklaven mehr als der gewöhnliche Einsatz verlangt, und trotz Unfall und persönlicher Einladung würde mich der Geschäftsführer schon noch auf seine Besetzungscouch holen. Bis zum diskreten Wegsehen, als ich mich für Frank einschmierte, ging das Verständnis des Teams für einen Neuen allerdings nicht, und weil nach uns nur noch die Selbsthinrichtung der Henkerin kam, war meine Premiere auch so etwas wie eine Einstandsfeier für die Kolleginnen.

Natürlich nahm mir der Pranger so sehr die Arbeit ab, wie er mich am Vorabend hart über die Aussichtslosigkeit von Lohnkämpfen belehrt hatte. Ich steckte in den Kiefern eines hölzernen Tyrannosaurus, den ich mit keinem Aufzucken bewegen konnte, und ich erfuhr mich in zwei Teile zerlegt: mit Händen und Kopf, mit meinem Gesicht litt für die Freunde der Macht, während die Freunde der erotischen Folter und unsentimentalen Penetration nicht durch Grimassen abgelenkt wurden.

Es war diese Perspektive, die auch Therese bevorzugte. Als ich an der Kette hinter Frank her zur dritten Pfählung schritt, sah ich sie wieder im bühnennächsten Sofa, und sie war gerade dabei, einem Athleten ihrer Hautfarbe etwas zu der kommenden Darbietung zu erklären. Sie sah einfach gern, wie weißes Männer-Fleisch zu ihrer Erbauung weißes Männer-Fleisch versklavte und quälte, erzählte sie mir in der Nacht zum Sonntag, der sogar unserem Geschäftsführer heilig sein mußte. Fünfmal ließ sie mir Sekt in den Blechnapf gießen, was mir eine ordentliche Provision und einen schlimmen Rausch einbringen würde, und ihr zuzuhören und doch zu gehorchen, war der Preis, um den ich ihr einen Tag lang widerspruchslos dienen durfte.

Als ich Laila den neuen Job und die erste Affäre am Telefon beichtete, war sie begeistert. Sie lobte meine Geschäftstüchtigkeit, brummte zu den Details und kreischte dann sehr überraschend.

"...des Botschafters von wo?"

"Jaja, ich weiß", sagte ich gleichmütig. "Sie schmuggeln ihre Leute in Scheibchen in unser Land."

"Und Diamanten schmuggeln sie auch", wußte Laila Bescheid.

"Aber da schmecken nur die blauen wirklich gut..." Ich holte tief Luft. "Und das ist vielleicht nicht ungefährlich, aber ich gehe nicht mehr hin, wenn du was dagegen hast."

"Bei diesem Stamm ist gar nichts ungefährlich", sagte Laila. "Aber wenn du das brauchst! Und wir bleiben ja Freunde, nicht? Und verheiratet. Und nur auch wegen der Steuern..."

Es waren drei deutliche Abschiedsformeln, die mir sofort auf den Magen schlugen, und ich war froh, erst zum günstigen Abend-Termin angerufen zu haben. Ich mußte mich noch spülen und duschen, dann war mein Partner in Form zu bringen, und nach dem Akt-Act beschäftigten uns ja alle die verschiedenen Einladungen auf einen Drink. Ich hätte natürlich Therese vorgezogen, aber an diesem Abend geriet ich an ein Großvater-Enkel-Paar, dem ich bei zwei Flaschen Whisky half und in der Wohnung des Alten für dreihundert Mark eine Nachhilfe-Stunde gab. Der Enkel sollte endlich lernen, den Generationskonflikt mit den reichlich vorhandenen Spielzeugen auszutragen, unter erfahrener Aufsicht.

Biographische Skizze

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Kapitan Laila
Außerordentliche Komission
RSD 10
Unterkommen

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Yossif
Yunost
Kubanisch-Polnische Revolution
Laodse

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Sklaven-Marketing
Der Schleim
Musterung
Schwitzbäder
Die Grauen Grizzlys
Private Aufnahme

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IG Bettl und Brettl
Die Schwarze Göttin
Back on stage
Da unten
Und tiefer
Video Star

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Begutachtung
Campus
Samson

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Rushdie und die UCK
Internet
Safari
Circus Maximus

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Die Höhle der Wölfin
Auf der Flucht
Die Grotten von Gomorrha
Die Nordallianz

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