Und tiefer

Die Manager-Besuche bei der Waisen-Tanzgruppe, die Ebenholz-Kästchen mit den Rohdiamanten und die Grillabende für das Außenministerium: alle Grundlagen von guten bi- und multilateralen Beziehungen kamen nun als heimische und internationale Haftbefehle gegen Therese aus dem Fax. Auch Listen mit den Konten der toten Präsidenten-Familie und den Namen der verschwundenen Oppositionellen waren an drei weitere Nummern zu verteilen, und jedes Komitee für die Rückkehr der Kinder Afrikas sollte zur Organisation der Arbeit vor Ort wie der Flüge nach Hause Spenden sammeln.

So gesehen war es nur gerecht, daß meine Göttin schon nach einem Vierteljahr an der Spitze der norddeutschen Jagd auf sich selbst lag. Ich stand früh als ihr Sekretär auf, um die Korrespondenz zu erledigen, und nach der Montags-Show war ich für die Einladung zum Drink und die erste vorgeschlagene Summe in jeder gewünschten Rolle zu mieten. Zusammen mit dem falschen Paß enthob das meine Göttin der Gefahr einer Enttarnung, und eigentlich hart wurde mein Leben erst, als sie abzunehmen versuchte. Außer Sekretär, Koch, Haussklave und Lustobjekt auch noch der Blitzableiter für ihren Hunger-Ärger sein zu müssen, überstieg bei aller Liebe meine Gleichmut.

Ich konnte die Unzufriedenheit nur verdrängen, nachts für das Geld meiner Familie auf der Bühne traktiert und für den Lebensunterhalt meiner Göttin privat verabredet, aber das Herumliegen auf meinem Bett und die Whisky-Kur hatten die Sinne der schwarzen Göttin nur weiter geschärft. Die Massagen, die Küsse und die anderen Dienste verloren so deutlich an echter Hingabe, daß sie mich schließlich zur Rede stellte.

"Du kannst mich gern an die UNO verkaufen!" Sie hielt mir ihren Völkermord-Steckbrief vor das Gesicht. "Willst du das?"

 "Ihr seid die Göttin, der Sklave ist nichts", flüsterte ich erschrocken.

"Tausende Fernseher würdest du dafür bekommen, du magerer Judas! Du hast wohl vergessen, wer ich bin? Also: war und wieder sein werde... Oder wieso muß ich eine Ewigkeit auf einen neuen Fernseher warten, hej?"

Der 100-cm-Flachbildschirm kostete einfach, was er kostete, und er war viel zu groß für mein Appartement, aber das hatte die Göttin in der Sekretärs-Stunde ja bereits mit ihrem "Trotzdem" abgetan. Nun, als Sklave angesprochen, hatte ich für eine Antwort nur einen Satz, und ich wiederholte ihn bettelnd.

Meine Göttin zeigte einen anderen Steckbrief. "Menschenhandel, Folter und Kannibalismus... Das bin ich! Wollte man diesen Verrätern glauben, jedenfalls... Und du willst das wohl ausprobieren?"

"Ihr seid die Göttin, der Sklave ist nichts..."

"Dann mußt du dir eben Stammfreier zulegen", tröstete mich meine Göttin. "Die Show und ein Gaffer aus dem Club: da bist du doch um drei oder vier fertig! Dann kannst du von fünf bis halb sieben und von sieben bis halb neun doch noch prima dem höheren Management einen Guten Morgen verschaffen! Und ab zwanzig Uhr eine Abend-Entspannung, als kleines Vorspiel für dich..."

Das Projekt klang bizarrer, als es zu organisieren war, und im Interesse des "Pranger II" war es außerdem. Ich konnte ja einen Einladungs-Drink wirklich nur einen Drink bleiben lassen, wenn ich mich vorausschauender verabredete, und schaffte dann in einer Nacht alle überbrachten Einladungen plus die Verabredung für das Existenzminimum. Diese Möglichkeit flocht ich immer wieder in den Small-Talk mit meinen Fans, und so kam ich endlich für dienstags zu einer Früh- und donnerstags zu einer Vorspiel-Schicht bei zwei beinahe großzügigen Herren. Ab und zu konnte ich die von meiner Göttin entdeckte Zeit-Reserve auch noch spontan nutzen, und zweimal im Monat wurde ich Freitag morgen von einem mütterlichen Skelett bedauert und geliebt.

Sie merkten im Club alle, daß ich wieder wie in meiner wilden Zeit beschäftigt war, und Frank war ein bißchen beleidigt und wurde in der Show manchmal härter als nötig, aber das war mir egal. Meine Göttin schickte mich aus und erwartete mich zurück, in der Mitte meines Bettes thronend, pralles Leben und schwarze Sünde. Daß ich vor dem Bett schlafen mußte, war bei der Vielzahl und Dauer meiner Dienste kein Problem, und wie zum Ausgleich gab es keine dienstliche Quälerei und Demütigung, die meine Göttin nicht privat wiederholte und damit zum aufregendsten Liebesspiel veredelte.

Der Mann, der uns aus unserem geschrumpften Paradies vertrieb, war alt, und von den Tränensäcken angefangen hing an ihm alles: die Schultern im Jackett und die Hose in den Kniekehlen. Vor allem freilich hing an seinem Gürtel eine Polizeimarke, und er stand schon hoch über mir, als meine Göttin mich mit Kette und Halsband erwürgte.

"Sie haben mich, Bert! Wach doch auf, du faules Vieh!"

Ich richtete mich auf, starrte über ihren nackten Bauch ins Gesicht meiner Göttin an und blinzelte. Daß ich für sie mordete, nahm sie hoffentlich nicht an.

"Doch nicht gleich 'sie'", sagte der Polizist. "Zunächst einmal ich weiß jetzt, wer Sie sind, Exzellenz."

"Das sind Lügen", sagte meine Göttin und hob den Stapel der Haftbefehle vom Nachttisch.

"Amtlich gesiegelte Lügen..."

"Und selbst wenn ich diese Teufelin wäre... Glauben Sie, jetzt regieren bei uns die Engel?"

"Bullen sind ein bißchen doof", sagte der Bulle und setzte sich auf einen Stuhl. "Aber eben nur ein bißchen... Und warum macht uns Ihr Vieh eigentlich keinen Kaffee, Exzellenz?"

Meine Göttin ließ die Kette locker, aber als ich aufstand und nach dem Tanga griff, ruckte sie ärgerlich daran. Mich nackt vorführen zu können, war das letzte Symbol ihrer Macht, und solange sie noch standesgemäß angesprochen wurde, wollte sie nicht darauf verzichten. Eine schwere Bewegung ihrer Hand befahl mir noch, die Tür der Kochniesche zuzumachen.

Ich setzte die Kaffeemaschine in Gang, stellte nach den Wünschen meiner Göttin auch Whiskygläser und die Blech-Schüssel mit den Eiswürfeln auf das Tablett und wartete gegen die Spüle gelehnt ab. Gäste hatten wir in meinem Appartement noch nie gehabt, aber ich war mir sicher, daß meine Göttin die Gelegenheit nutzen würde, ihr Personal wieder einmal mit Händeklatschen rufen zu können. Ein anderes Szenario konnte sich aus der Begegnung eines erbarmungswürdigen Bullen mit der begehrenswerteste Verbrecherin der Welt ergeben, und ich mußte und wollte auch nicht dabei sein, wenn meine Göttin das Schweigen des Erpressers mit irgendwo versteckten Diamanten bezahlte. Ganz auf meine Hurenjobs angewiesen, nackt, betrunken und träge auf meinem Bett liegend, war meine Göttin mir zum Einzigen geworden.

"Kollege..."

Der Bulle klinkte die Tür auf, weiter in seinem zu großen Anzug und ohne das Grinsen eines erfolgreichen Geschäftsmannes, aber sein Daumen schickte mich mit dem Tablett zum Tisch, hinter dem bereits meine Göttin thronte.

"Du wirst meinem Freund hier also ab und zu einen Gefallen tun", sagte meine Göttin. "Dienstlich oder privat, und damit wirst du der erste Informant sein, der sich seinen Kommissar etwas kosten läßt."

Ich stellte Tassen und Gläser vor sie hin, ging auf die Knie und senkte den Blick.

"Ihr seid die Göttin, der Sklave ist nichts."

"In Afrika, hier, und für immer", sagte der Bulle.

Biographische Skizze

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Kapitan Laila
Außerordentliche Komission
RSD 10
Unterkommen

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Yossif
Yunost
Kubanisch-Polnische Revolution
Laodse

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Sklaven-Marketing
Der Schleim
Musterung
Schwitzbäder
Die Grauen Grizzlys
Private Aufnahme

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IG Bettl und Brettl
Die Schwarze Göttin
Back on stage
Da unten
Und tiefer
Video Star

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Begutachtung
Campus
Samson

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Rushdie und die UCK
Internet
Safari
Circus Maximus

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Die Höhle der Wölfin
Auf der Flucht
Die Grotten von Gomorrha
Die Nordallianz

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