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Bakunin, der GrizzlyDie Idee, unsterblich zu werden In Amerika, wo auf sehr viel Land sehr viel weniger Leute lebten als in Europa, wurde früher vieles viel größer als bei uns. Die Wapiti-Hirsche zum Beispiel sind dick wie Kühe, haben aber längere Beine, und der aus vielen Indianer-Büchern und –Filmen bekannte Grizzly-Bär ist eigentlich ein ganz normaler, freundlicher europäischer Braunbär – nur eben amerikanisch groß und entsprechend hungriger. Ganz ähnlich war es am Anfang auch mit Charly und einem anderen berühmten Schüler von Hegel. Allerdings kam der, Michael Bakunin, nicht aus dem großen und wilden Amerika, sondern aus dem großen und wilden Rußland. Während man in Frankreich schon mal einen König geköpft und die Kommune ausprobiert hatte und in den Berliner Cafés die Studenten und Professoren ohne Heimlichkeit über die Dummheit des Königs lachten, nannte man in Rußland den Kaiser wie in uralten Zeiten “Väterchen Zar”. Und man nannte ihn nicht nur so, sondern die meisten Bauern glaubten auch, daß man ihn sowenig ärgern durfte wie einen Vater. Wenn Väterchen Zar böse mit einem war, glaubten sie, hatte man bestimmt etwas falsch gemacht. Außer dem Zaren und seinen Helfern gab es in jeder Gegend aber auch noch die vielen kleinen Fürsten, die in Deutschland Ritter geworden und im Bauernkrieg und anderen Kriegen gegeneinander gestorben oder in Frankreich zusammen mit dem König geköpft worden waren. Sie wollten ebenso gut leben wie der Zar, und so mußten die Bauern einmal für die Paläste des Zaren und dazu noch für die der kleinen Fürsten du für den Schmuck der vielen Kirchen arbeiten. Wenn die kleinen Fürsten mal kein Geld für Brötchen oder für das Kartenspiel hatten, verkauften sie schnell ein paar von ihren Bauern. Die gehörten ihnen beinahe wie Sklaven, und weil die Fürsten so reich und gemein und die Bauern so arm waren, gab es viele kleine Dorf-Chefs mit vielen Polizisten und Schreibern und anderen Helfern. Sie alle waren so etwas wie die Augen und die Hände von Väterchen Zar... Darum ging es den Bauern in Rußland so schlecht, daß sie ihre letzten Kartoffeln zu Schnaps kochten und ganz viel davon tranken. Dann fielen sie um und schliefen selbst im Kalten und auf dem Lehmboden der Hütte oder sie prügelten sich fürchterlich oder verhauten ihre jammernden Frauen. Nur wenn es ein Dorf-Polizist wirklich mal allzu schlimm trieb, wurde er beim Pilzesammeln überfallen und erschlagen, und dann erzählten die Bauern den der Kriminalpolizei etwas vom bösen Wolf... Das kam nur ganz selten vor, aber Rußland war eben ein so großes und armes Land, daß sogar die Wissenschaftler noch hundert Jahre lang glaubten, Wölfe fräßen tatsächlich Menschen. In diesem Land wurde Michail Bakunin geboren, als Sohn eines der kleinen Fürsten, der in einer Stadt lebte und deshalb ein bißchen vom Leben der übrigen Welt gehört hatte. Dort gab es nicht nur Handwerkerstuben, erzählten die Offiziere, die gerade die Armee von Napoleon von der russischen Hauptstadt Moskau bis in die französische Hauptstadt Paris gejagt hatten, sondern große Fabriken. Dort ginge es den Arbeitern soviel besser als den russischen Bauern, daß sie viel besser arbeiteten, und davon hatten alle ihren Gewinn: vor allem natürlich die Fabrikbesitzer. Darüber wurde bei Bakunins gesprochen und geträumt, aber weil er Sohn eines Fürsten war, sollte Michail doch nicht als Fabrikbesitzer arbeiten: höchstens als Offizier. Michail Bakunin ging also in die Armee, und die gefiel ihm überhaupt nicht. Sie war wie ein Dorf, nur daß die Arbeit da nicht das Getreideschneiden, sondern das Leute Totmachen war, und die Bauern hießen Soldaten und mußten auch noch vor ihren Chefs stillstehen. Deshalb ging Bakunin eines Abends nicht zum Kartoffelschnaps Trinken in die Kneipe, sondern zum Bahnhof und fuhr aus Rußland heraus und durch das von Rußland eroberte Polen bis nach Deutschland. Er studierte in Berlin, wo eben Hegel gestorben war, Philosophie - und im Grunde verstand er den ewigen Jein-Sager genauso wie Charly oder der Dichter Heine. So schlimm ging es den russischen Bauern, überlegte sich Bakunin, daß das nur gut sein konnte. So traurig wie sie den ganzen Tag waren, so wütend würden sie einmal werden, und wenn sie sich im Suff gegenseitig kräftig auf die Köpfe hauen konnten, dann würden sie bestimmt noch kräftiger auf die Rüben der kleinen Fürsten und des Zaren eindreschen - sobald ihnen einer von Hegel erzählte. Und dieser eine wollte Bakunin sein, und er fing an, Bücher darüber zu schreiben, lernte Charly und Fritze und Josef Proudhon kennen und machte es wie August Blanqui. Überall, wo sich unzufriedene Leute zusammendrängten, tauchte Bakunin auf, bestätigte ihnen, daß sie ganz zu Recht wütend waren, und versuchte, ihnen einen Aufstand zu organisieren. Nur insofern war er noch wilder als Blanqui, daß er das nicht nur im immer aufständischen Frankreich machte, sondern überall, wo er lebte und noch rechtzeitig hinkam: Breslau in Polen, Prag in der Tschechei, Dresden in Sachsen. Von den Sachsen heißt es ja, daß sie ziemlich langsam und gemütlich wären, und so war das auch 1849. In ganz Deutschland war die Revolution der Fabrikbesitzer, Studenten und Arbeiter schon besiegt, und deshalb wollten die Fürsten die Verfassung mit gleichen Rechten für alle Männer natürlich nicht mehr annehmen - und darüber regten sich die Dresdner Sachsen so auf, daß sie zum ersten Mal einen Aufstand machten. Alle zusammen machten sie das: Fabrikbesitzer, Studenten und Arbeiter, der Komponist dröhnender Opern Richard Wagner und der Architekt des Opernhauses Gottfried Semper... Zu denen fuhr Bakunin, um bei der Verteidigung der Stadt und der Revolution wenigstens zu sterben, aber als die preußische Armee ihr schönes Dresden umzingelt hatte, wollten die Chefs der Revolution dann doch lieber darauf verzichten. Michail Bakunin mußte fliehen und wurde gefangengenommen, und ein preußisches Gericht verurteilte ihn zum Tode und übergab ihn an ein österreichisches Gericht, das ihn auch zum Tode verurteilte und außerdem an seinen Todfeind auslieferte, an Väterchen Zar. Väterchen Zar ließ Bakunin ins Gefängnis werfen, und er wollte ihn nach guter alter russicher Sitte dort vergessen und verfaulen lassen, aber andererseits war Bakunin ja nicht nur ein schlimmer ewiger Aufständischer. Seine fürstliche Familie schrieb an Väterchen Zar, den Großfürsten, er solle Bakunin bitte freilassen und nach Sibirien, ins tiefste und wildeste Rußland verbannen: im Wald, weit von allen Städten, könne er bestimmt nichts mehr ausfressen. Tatsächlich zeigte sich der Zar in diesem Fall als ein strenger, aber gütiger Vater, und Bakunin bedankte sich auf seine Art: nicht im Zug, sondern zu Fuß und auf Schlitten und Booten reiste Bakunin nun, und er fuhr nicht wieder durch Rußland und Polen nach Berlin, sondern riß nach Japan aus und kam über Amerika nach Europa zurück und machte dort weiter. Er trank mit allen Unzufriedenen, träumte mit Bettlern und Räubern von der Freiheit ohne Reiche und ohne Polizisten und fing immer wieder Bücher und Aufstände an: Lyon in Frankreich, Bologna in Italien... Keiner dieser Aufstände gelang, keines seiner Bücher wurde fertig, und mit Charly und Fritze und mit allen Freunden, die er je gehabt hatte, zankte sich Bakunin immer wieder und immer doller. Dick, krank, arm und allein starb der Grizzly der russischen Bauern, weit weg von ihnen, in der Schweiz, und sobald er tot war, wurden auch seine Bücher kaum noch gedruckt und noch viel weniger gelesen. Rußland und Revolution, da mußte sogar Charly lachen... Was für eine Idee!
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