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4.All das war eher Stoff für ein sozialkritisches Lied als ein Ermittlungs-Ergebnis, und obwohl Haase mich bei sich erwartete, fuhr ich zu meinem Büro. Der Stau, den mir das einfach zu raffinierte Radio in die Dylan-Songs hinein ansagte, schien mir leichter zu verkraften als das nächste Neubau-Gebiet. Auf Haases Aufgabenzettel stand für mich noch ein Anruf bei der von Huber vertretenen Versicherung, der relativ problemlos war. Allerdings wußte ich dabei schon gar nicht, wonach ich mich erkundigen sollte. „Markow“, meldete ich mich treuherzig masochistisch. „Ich hatte einen Termin vereinbart, mit einem Ihrer Agenten. Sagen Sie so?“ „Tja... Sagen Sie zu Termin denn anders?“ „Ein Date“, fragte ich zurück. „Ich bin nämlich Existenzgründer und möchte nichts falsch machen...“ „Dann ist eine Versicherung unserer Firma genau das Richtige für Sie“, sagte die Sachbearbeiterin mit einer Stimme, die besser zu dieser anderen Art von Terminen paßte. „Kann ich sonst noch etwas für Sie tun?“ Ich verdrehte die Augen. „Vielleicht könnten ja Sie vorbeikommen? Ihr Agent ist nämlich vom KGB abgefangen worden... Vermutlich...“ “KGB? Sind Sie sicher daß Sie nicht die Allianz meinen?“ Ich drehte die Augen wieder zurück. „Nein, im Ernst! Ich warte nun seit vorvorgestern auf Ihren Herrn Huber und sein Vorzugsangebot. Er wollte gleich vorbeikommen, falls er lebendig aus Hellersdorf zurück kommt.“ „Huber... Vorvorgestern... Am neunundzwanzigsten“, sagte sie den Speiseplan ihres Computers an. „Vielleicht irren Sie sich, Herr...“ „Markow! Nein, nein! Ich bin ganz sicher Markow, und vorvorgestern war den ganzen Tag lang der Neunundzwanzigste.“ „Aber da hatte Herr Huber doch einen auswärtigen Termin.“ „In Hellersdorf, ja. Und danach wollte er...“ „In Vlauwitz, Bran...“ „Brandenburg? Na, vielleicht kommt er dann ja heute, nicht?“ „Das ist...“ Die Sachbearbeiterin pfiff. „Das ist unwahrscheinlich, Herr...“ „Markow.“ „Wenn ich Ihre Adresse haben dürfte?“ „Privat gerne. Ansonsten hat ja Ihr Agent meine Karte.“ „Aber ich habe gerade auf meinem Terminal, daß Herr Huber tot ist.“ „Die Schweine von der Allianz“, sagte ich und legte den Hörer auf, damit sie sich nur erfolglos und nicht noch ausgelacht fühlen mußte. Nur für mich verschluckte ich mich am Zigarettenrauch und notierte dann auf einem der bunten Zettel, die ich immer erst zu spät wiederfand, den Namen des Ortes. Ich wußte nicht, was er mir nutzen würde, aber vielleicht konnte ich wenigstens mit dieser Information wenigstens Haase beeindrucken. Hätte uns jemand für diesen Fall bezahlt, hätten wir ja möglichst früh rausbekommen müssen, wo Herr Frieder Huber auf dem Weg zwischen seinem Vertreter-Schließfach und meinem Aufschwungs-Büro in ein Fettnäpfchen getreten war. Falls er überhaupt in ein Fettnäpfchen getreten war. Der verschwundene Mercedes würde für die dickeren Zeitungen der Stadt ganz sicher ein Fingerzeig auf die Russen-Mafia werden, wenn Haases alter Kumpel Wegner sich doch noch zu ein bißchen Personal-PR entschloß. So konnte es ja auch tatsächlich bis wahrscheinlich gewesen sein, und an einem wärmeren Nachmittag hätte ich Meister in seinem Verkaufsbüro besucht und zur Abwechslung mal mit den Risiken seines Gewerbes erschreckt. Stattdessen drehte ich am Thermostat der Gasheizung, bis sie fauchend ansprang, und begann dann, die Stellenanzeigen der Berliner Zeitung anzusehen. Wenn ich es einmal schaffte, das Kramzimmer in ein Lese- und Wohnzimmer zu verwandeln, würde ich ein großzügiges Büro haben, aber bis dahin hatte die Raum-Aufteilung eben diesen anderen Vorteil. Ich konnte mich vor die Gasheizung setzen und reichte doch an das Telefon, und ich konnte zugleich die Telefon-Nummer und die RTL-Taste der Fernseher-Fernbedienung drücken. „Tag! Ich rufe wegen dem originellen Job für Männer mit tadellosem Ruf an!“ „Ooh ja“, japste der Mann vor Vergnügen. „Können Sie sich denn vorstellen, in einem Hasenkostüm in einer Gaststätte zu sitzen?“ „Für Wild-Spezialitäten?“ „Nein, nein! In irgendeiner... Und wenn ein bestimmter der Gäste geht, gehen Sie hinter ihm her und sagen kein Wort zu ihm! Bleibt er stehen, bleiben auch Sie stehen, und wenn er weitergeht...“ Ich atmete durch. „...dann hoppele ich hinterher! Sie sind eine Inkasso-Firma, nicht?“ „Ist das vielleicht keine gute Idee“, fragte der Existenzgründer empört. „Das ist ein Leasing-Unternehmen, nämlich! Aber der Hase ist von mir!“ „Ein Franchise-Unternehmen“, verpaßte ich ihm mein noch ziemlich frisches betriebswirtschaftliches Umschulungswissen. „Und der Hase ist gut, aber einfach nichts für mich. Rufen Sie doch wieder an, wenn Sie mal einen Wolf brauchen!“ „Das mache ich bestimmt, oh, ja! Auf Wiederhören!“ Außerdem suchte ein Anrufbeantworter erfahrene Gag-Schreiberinnen, und ich sagte ihm meine Adresse für das Info-Material durch, bevor ich die Suche nach einem Job mit dem ganz großen Gehalt aufgab. Fast nichts nahm ich ja auch so ein, und dank des Arbeitsamtes würde ich es mir sogar leisten können, bei unserem Chinesen eins der Tagesmenüs zu schlingen. Unser Chinese, das war die ehemalige Volksbuchhandlung, während die ehemalige Eck-Kneipe schon ein völlig fremder Chinese war. Wenn ich so vorbereitet das Karate-Training überlebte, konnte ich ja am Abend überlegen, ob ich nicht mit Unterstützung eines Programms Aufschwung Fern-Ost in Peking einen Bockwurststand aufmachte. |
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