“Bihun-Suppe”, verriet Lamme, “eine echt indonesische Delikatesse für sechs Mark und fünfzig. Ich wärme sie nur auf.”

Auch den Tisch hatte Lamme schon gedeckt, und wie immer,  wenn er das übernahm, mit mehr als dem Nötigsten. Zu falschem französischen Weißbrot sollte es Kräuterschinken und Ölsardinen geben. Eine Büchse Ananas-Scheiben war geöffnet und Neles nie benutzte Sekt-Gläser waren poliert.

Lamme schnuperte theatralisch an Nele.  “Schade nur,  daß ihr nicht mal davor duschen könnt!”

Nele schnupperte an dem Dampf aus dem kleinen Topf. “Na, ja... Besser als zwei Jogger mit Hot Dog riecht das... Aber wenn du genau hinguckst, siehst du da kleine durchsichtige Würmer drin!”

Nele zeigte Lamme die dicke Zunge.  Dann zog sie das  T-Shirt aus,  spritzte etwas Wasser über den Nacken und in die Achselhhölen und drückte das Gesicht in das Waschbecken aus ihren Händen.

“Das sind die Glasnudeln”, knurrte Lamme.

“Der Hundekuchen”, jubelte Nele.  “Daß etwas fehlte hatte ich gleich gesehen, und der delikat-Hundekuchen ist es!”

“Lamme”,  lästerte auch Thyl,  “jetzt mußt du stark sein! Du hattest dich so drauf gefreut, und wir sind schon wieder  nicht Weltrekord gelaufen!” Daß jemand Gelage gab,  der auch noch eine Hausfrau und  zwei Kinder aushalten mußte, verstand er einfach nicht. “Oder haben wir endlich wieder einen teuren Toten?”

Lamme lächelte und blieb stumm. Ohne Eile kellte er die Bihun-Suppe in Kaffeetassen und servierte er sie, nahm er die Sekt-Flasche aus dem Kühlschrank und öffnete sie gekonnt geräuscharm. Nele und Thyl, vom Lauf mit dem Lord reichlich knielahm, hoben die Brauen und sahen sich in die Augen.  Mit Mühe erhoben sie sich zu einem vermeintlich feierlichen Toast.

“Auf Walt Disney”, sagte Lamme, stieß sein Glas gegen ihre Gläser, leerte es in einem Zug und plumpste auf seinen Stuhl. “Und nun Beeilung! In Indonesien essen sie so heiß,  wie wir kochen.”

Thyl und Nele löffelten die wirklich sehr gute Suppe schon deshalb hingebungsvoll und gründlich, weil sie nicht die  nächsten Worte haben wollten.

“Thyl”, fragte Lamme beim Wegstellen der Tassen, “kennst du Donald Duck?”

“Den Chef der Buletten-Boutique? Den Würstchen-Multi aus Chicago oder so, Max Donald?”

“Gut! Und Mickey Mouse? Tom & Jerry?”

“Vom Wegsehen, vom Wegschalten”, sagte Thyl und holte die Ölsardinen-Dose an seinen Teller heran.  “Erst derart auffahren und dann ein Fernshe-Quiz veranstalten: gegen dich ist Marquis de Sade ja ein Physiotherapeut gewesen!”

“Mach doch nicht den Intelligenzler”, nuschelte Nele, den Mund voll Ananas. “Vielleicht gewinnst du ‘n Wochenend-Urlaub am Müggelsee.”

“Vierzehn  Tage!”  Lamme nahm ihr die Büchse weg,  teilte die Scheiben in Stückchen auf die Gläser aus und füllte  Sekt  auf. “Vierzehn Tage in Marina del Rei, was keine KGB-Schlangentänzerin ist, sondern ein Vorort von Los Angeles sein soll.”

Lamme hatte die Blanko-Einladung zur Walt Disney Memory Conference in der Post der Bereichsleiterin Zeichentrickfilm,  deren Schwangerschafts-Vertretung er war, entdeckt. Er hatte Thyls neuen Namen eingesetzt, weil er sich bei Carvalho verschrieben hätte, sein Amt nicht eigenntzig mißbrauchen wollte und wirklich keinen Zeichentrickfilmer kannte.

Thyl allerdings fand den Gedanken, daß ein solcher Streich gelingen könnte,  so abwegig,  daß er die Formalitäten nur  zeternd und widerwillig erledigte. Überflüssig war, daß er im nach Mottenpulver riechenden Anzug aus dem Theater-Fundus seine ersten wirklichen Paßbilder verlangte. Es war unnütz, Paß- und Visa-Anträge zu unterschreiben,  und daß Nele Thyl immer wieder zu Einkaufs-Expeditionen berredete, war für ihr Spar-Konto und seinen Spar-Zigar­ren-Kasten sogar schädlich. Nicht einmal als er den Paß, das Tickett und die Not-Dollars tatsächlich in der Dachkam­mer hatte, kam Thyl in Reisestimmung.

“Lust habe ich ja sowenig wie Westgeld”,  sagte Thyl am  Abend vor seiner Abreise, über dem neuen Foto-Apparat mit zwei Wechsel-Objektiven verzweifelnd.  “Wer ist im Ministerium eigentlich für die Krankschreibung Weltreisender zuständig?”

“Lamme, du”, kreischte Nele. “Hast du auch gehört, was ich gerade gehört habe?”

“Ach,  wer weiß schon, wie er in so einer Situation reden würde”, sagte Lamme versöhnlich, obwohl sich Thyl mit einem Broiler-Abendbrot verabschiedete. “Er oder sie... Und wir gehen halt bis zum Check In mit. Von da kann er ja nur ber Amsterdem, Los Angeles und Amsterdam zu dir zurück.”

“Aber freuen müßte er sich doch”, beharrte Nele. “Da haben wir ihn in neue Jeans gesteckt, mit Fotozeug behängt und ihm ‘n Friseurtermin besorgt. Er wird sehen, der Arsch, was ich nie... Und kein bißchen freut sich dieser Eisberg!”

“Wer  sich  zuletzt freut”,  sagte Thyl vorsichtig. Er wußte wirklich nicht, ob er hoffte oder glaubte oder nur fürchtete, daß man ihn doch noch auf- und dabehalten würde.  Wie vor jeder früh beginnenden Reise fürchtete er auch,  zu verschlafen und mit der S-Bahn steckenzubleiben. “Und ich würde euch ja gerne mitnehmen, ehrlich! Was soll ich denn anfangen, allein in Hollywood?  Auch nur Kulissen schieben?”

Natürlich  verschlief Thyl nicht.  Bis gegen vier lag er  wach neben Nele, die von Los Angeles träumte, dann schlich er zu Waschbecken, Wasserkessel und Kaffeetasse. Wortreich verabschiedet war Thyl schon um fünf Uhr an der S-Bahn, und es blieben ihm noch  zwei Stunden bis zum Abflug, als er dem Grenzsoldaten  Paß und Zählkarte unter der Schalterscheibe durchschob. Der Soldat sah Thyl nicht gründlicher an, als wolle da ein Frank Seidel nach Bulgarien  davon, und niemand bat Thyl zum Abtasten.  So  wenig wurden Flugzeug-Entführungen zu Gorbatschow befürchtet.

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