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Zuerst bremste Klaus Lammert nur, dann bog er doch von der F 104 ab. “Jetzt unser Abstecher in den Wald”, sagte er zu der Tramperin, und er sagte es leise, um Till nicht zu wecken. Till hing im Beifahrer-Gurt, und sie waren ja einig gewesen, die Königin von Saba bis zu diesem Abzweig mitzunehmen. Wegen eines kleinen Umwegs mußten sie als ein Magen und eine Seele schließlich nicht formal verhandeln. “Alles klar, Señorita?” “Klar”, sagte die Königin von Saba und zündete sich die zwölfte Karo seit Pankow an. “Bei uns in Afrika bezahlen wir sogar in der Straßenbahn so. Und außerdem finde ich toll, daß Sie nicht bloß Ihren Ministeriums-Tratsch im Kopf haben.” “Afrika? Und ich hätte glatt Ur-Omas Trabbi-Anmeldung drauf verwettet, daß Sie aus Gerdshagen hinter Gutow bei Güstrow sind!” “Weil ich so blauäugig war, bei Ihnen einzusteigen?” “Blauäugig, blond und blaß eben”, sagte Klaus Lammert und konzentrierte sich wieder nach vorn. Der Abend war bereits so dunkel wie die Königin von Saba, und durch den senkrechten Regen blitzten die Kilometersteine so selten, wie sie während der ganzen Fahrt die großen weißen Zähne gezeigt hatte. Für eine Berlinerin, die von ihrer mecklenburgischen Tante einen Deutschen Schäferhund abholen wollte, sah die Tramperin aufregend ausländisch aus. Schade fand Lamme nur, daß sie im achten Semester und mit ausgezeichnetem Erfolg Schweigen studierte, marxistisch-leninistisches Mundhalten. Till wäre sonst nie eingeschlafen. “Einen Kaffee schulden Sie uns aber wirklich”, gähnte Klaus Lammert kurz hinter Gutow. Klaus Laamert gähnte und grinste, drehte den Kopf und sah der Königin von Saba voll ins Gesicht. Es war sein einziger Fehler auf dieser Unwetter-Tour in den siebten Himmel bei Sibylle und ihrer noch unbekannten Freundin. “Ein Tier”, sagte Doktor Till Uhlmann plötzlich hellwach. Das Wildschwein stand mitten auf der Fahrbahn und sah dem taubengrauen Trabant kampflustig und durchaus zuversichtlich entgegen. Geistesgegenwärtig trat Klaus Lammert die Bremse, geistesgegenwärtig und doch so gefühlvoll, daß der Wagen nicht schleuderte und vielleicht noch rechtzeitig zum Stehen gekommen wäre. Da aber faßte Till ins Lenkrad. Ruhig, energisch und endgültig lenkte Doktor Till Uhlmann das Auto mit Links gegen einen kahlen Apfelbaum, unbeeindruckt von Klaus Lammerts Gegensteuern und dem Aufschrei der Tramperin. Die Frontscheibe löste sich in einen Splitterregen auf, der Motor hustete noch ein paar mal und soff ab. “Noch mal gut gegangen.” Klaus Lammert konnte das Feiuerzeug noch halten und fühlte und sah sich, von den kleinen Schnittwunden im Gesicht und an den Händen abgesehen, unverletzt. “Und ihr zwei?” “Sie Idiot”, meldete sich die Königin von Saba mit aller Stimmkraft. “Sie gottverdammter, bleichgesichtiger Idiot!” Sie rückte hinter Till und ohrfeigte ihn, und Tills Kopf gehorchte allen ihren Anstößen, bevor er auf die Brust sank.
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